Roger Cornioley, ehemals Mitglied im Vorstand des Historischen Vereins des Kantons Bern, ist in den letzten Jahren mit seinen Nachforschungen über Flugzeugabstürze im Berner Oberland bei einer breiten Öffentlichkeit auf grosses Interesse gestossen. Namentlich sein detaillierter Artikel in der Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde über die erste Hochgebirgsrettung aus der Luft auf dem Gauligletscher im November 1946 fand begeisterte Leserinnen und Leser. 1 Auch an unzähligen Vorträgen konnte er über den spektakulären Absturz einer amerikanischen Dakota berichten, bei welchem alle Insassen überlebten und nach mehreren Tagen des Ausharrens in Schnee und Kälte gerettet werden konnten. 2011 liess ein Dokumentarfilm des Schweizer Fernsehens mit nachgestellten Szenen und dem Besuch einer seinerzeitigen Passagierin am Originalschauplatz das damalige Geschehen unter sachkundiger Mitwirkung Cornioleys wieder aufleben.
Nachdem das Heft von 2006 vergriffen ist, hat nun der Autor die Geschichte der «grössten alpinen Rettungsaktion» in überarbeiteter und mit kurzen Beiträgen ergänzter Form im vorliegenden Buch erneut herausgegeben. Er hat weitere eindrückliche, zum Teil bisher nicht publizierte Fotos beigefügt. Spannend schildert Cornioley, wie es zum Unglück kam und welches unwahrscheinliche Glück die Piloten bei der Bruchlandung hatten, wie lange es dauerte, bis eine internationale Suche das Wrack endlich fand, und wie die Rettungsaktionen organisiert wurden. Pikant dabei ist die Tatsache, dass die noch in Europa stationierte amerikanische Militärmaschinerie zwar mit grossem Aufwand, aber völlig unzweckmässig vorgehen wollte, während die kleine schweizerische Dienststelle in Meiringen - Unterbach, die mit den örtlichen Gegebenheiten bestens vertraut war, rasch die richtigen Massnahmen erkannte, aber zunächst von der administrativen Zentrale in Bern zurückgehalten wurde.
Diesem Beitrag stellt der in Meiringen aufgewachsene «Heimwehhasler» drei Kapitel voran, die weitere Ereignisse von 1946 im Haslital betreffen, so dass der Autor
Von einem «Schicksalsjahr» sprechen kann. Im einleitenden Kapitel wird etwas disparat von Lehrkräften und Grossräten, Vereinen und ihren Anlässen sowie vom Besuch des Generals Guisan auf dem Brünig und von den Bahnen im Amtsbezirk Oberhasli berichtet. Das zweite Kapitel befasst sich mit sechs tödlichen Unfällen der Schweizer Flugwaffe 1945 /46, die nach der internationales Aufsehen erregenden Pionierleistung am Gauligletscher bald einmal in Vergessenheit gerieten. Das dritte und längste Kapitel ist der Strasse über den Sustenpass gewidmet. Mit vielen Fotos und Dokumentenwerden die alte Sustenstrasse vor 1938, der Bau der neuen Strasse ab 1939 und die Mithilfe von internierten polnischen Soldaten sowie die Einweihung am 7. September1946 als modernste hochalpine Autostrasse anschaulich dargestellt.
Roger Cornioley hat bei seinen Recherchen eine Vielzahl archivalischer Unterlagen ausgewertet. Mitunter stützt er sich auch auf Interviews mit Zeitzeugen oder deren Nachkommen. Leider weist er nicht immer Quellen und Literatur ausreichend nach; zum Beispiel erschliessen sich die Bildnachweise «Bern-Buch» und «Bibliotheca Bernensis» nur dem Eingeweihten. Bei einzelnen Fotos fehlen die Legenden gänzlich. Überhaupt hätte der Text (mit Ausnahme des letzten Kapitels) mehr redaktionelle Unterstützung bei Satzbildung und Zeichensetzung brauchen können. Trotzdem wird das Buch bei militär- und lokalgeschichtlich sowie speziell an der Landschaft Hasli interessierten Leserinnen und Lesern zweifellos gute Aufnahme finden.
1 Cornioley, Roger: Der Flugzeugabsturz einer amerikanischen Dakota auf dem Gauligletscher im November 1946. Vor 60 Jahren war das Haslital Schauplatz der grössten alpinen Rettungsaktion. In: BZGH 68 (2006), Heft 3, S. 115 − 155. – Ferner ders.: Zerschellt im Hochgebirge. Die Flugzeugabstürze Hohgant 1950 und Guggigletscher 1952. In: BEZG 74 (2012), Heft 1, S. 5 − 43.
Zitierweise:
Emil Erne: Rezension zu: Cornioley, Roger: Haslital … das Schicksalsjahr 1946. Meiringen: Pauli Druck, 2012. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 75 Nr. 3, 2013, S. 46-48.